Kurd-Laßwitz-Preis 2020

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Jean-Marc Rochette

Jean-Marc Rochette wurde am 23. April 1956 in Baden-Baden geboren. Sein Vater starb, als er ein Jahr alt war, während des Algerienkrieges, in dem er als Arzt diente. Rochette geht in Grenoble auf das Gymnasium und findet schon früh zu seinen beiden großen Leidenschaften: Der Malerei und dem Bergsteigen. Regelmäßig besucht er die Museen Grenobles und unternimmt zahlreiche Bergtouren im Massif des Écrins, im Vercors, der Chartreuse und in der Schlucht des Verdon. Nach seinem Studium der Kunstgeschichte und Bildhauerei beginnt er, Comics und Zeichentrickfilme zu zeichnen.
1976 ist ein einschneidendes Jahr: Rochette stellt gemeinsam mit F. Masse, G. Poussin, Pavloff, Nicolaud, Vergier im Museum für Malerei von Grenoble aus. Erste Comic-Illustrationen erscheinen insbesondere in der Zeitschrift „Actuel“ auf Anfrage von Jean-François Bizot und er veröffentlicht im Verlag Éditions Glénat und im „Écho des Savanes“, einem führenden Magazin der „Neunten Kunst“. Im selben Jahr erlebt einen schweren Bergunfall.
Zwei Jahre später, nach einer USA-Reise, und politischem Engagement gegen das Kernkraftwerk Superphénix im Rhoneta und seiner Mitarbeit im Anti-Kernkraft-Magazin „Casse-noix“, geht Rochette nach Paris. Inspiriert von der amerikanischen Gegenkultur, erfindet und zeichnet er „Edmond le cochon“ („Edmund das Schwein“), mit den Szenarios von Martin Veyron. Edmond wird in Frankreich zur Kultfigur. Es folgen Veröffentlichungen in Dänemark, Holland, Deutschland und Spanien (Comiczeitschrift „El Vibora“). „Edmond le cochon“ wird in Chile unter der Pinochet-Diktatur im Untergrund publiziert, es gibt zahlreiche Wiederauflagen des Albums.
1982 zeichnet Jean Marc Rochette die Geschichte des Trans­perceneige, die ihn noch Jahrzehnte später beschäftigen wird. „Le Transperceneige“, der Zug, der durch eine postapokalyptische Eiswelt fährt, wird zur „leading story“ im Monatsmagazin
„À suivre“. Die Szenarios stammen von Jacques Lob. In Frankreich erscheint der Comic im Casterman Verlag. Auf dem Festival d’Angoulême erhalten die Künstler 1985 für ihr Werk den „Prix Résistence – Témoignage Chrétien“.
In den nächsten Jahren reist Rochette viel, nach Mali, Zentralafrika, Guatemala und veröffentlicht entsprechende Reisereportagen. Er beginnt, regelmäßig für den Sportteil der Zeitschrift
„L’Équipe“ (Rugby, Fußball, Tennis, Basketball) zu arbeiten und kann sich intensiver der Malerei widmen. Im Jahr 1987 erscheint „Edmund das Schwein“ auf Deutsch im Carlsen Verlag.
Anfang der neunziger Jahre werden erstmals abstrakte Malereien von Rochette in der Galerie Christian Desbois in Paris ausgestellt. Dennoch kehrt er wieder zu Zeichnungen und Illustrationen zurück, nun auch für Bilderbücher, die bei L’École des Loisirs, Casterman und Le Seuil erscheinen. Anerkennung erhält er insbesondere für
„Le coyote Mauve“ mit dem Schriftsteller Jean-Luc Cornette.
Zum Ende der Neunziger Jahre lässt er sich im Départment du Gard in Südfrankreich nieder. 1999 ist es dann soweit: Die beiden Folgebände des „Transperceneige“, realisiert mit Benjamin Legrand, erscheinen. In der deutschen Übersetzung werden beide Bände in einem Buch im Jahr 2013 unter dem Titel „Schneekreuzer“ im Verlagshaus Jacoby & Stuart veröffentlicht.
Anlässlich einer Ausstellung der Association francaise aux affaires artistiques (AFAA) reist Rochette im Jahr 2000 nach Neuseeland und Südafrika. Zwei Jahre später illustriert er den Klassiker „Candide oder der Optimismus“ von Voltaire, der im Verlag Éditions Alvin Michel in Paris erscheint. Außerdem werden seine Zeichnungen und Aquarelle zu „Candide“ im Espace Modem ausgestellt. In Angoulème und auf dem Festival von Bastia werden in einer retrospektiven Ausstellung seine Comics und Illustrationen präsentiert. In Peking findet die Ausstellung „La Bande Dessinée Fran Française“ im Centre Culturel Français statt.
2004 kehrt Rochette zur Malerei zurück, mit dem Fokus auf das Thema Landschaft, zu dem ihn seine Wanderungen durch den Gard und die Ardèche inspirieren. Zur gleichen Zeit werden seine Werke in der Pariser Galerie Christian Desbois in einer Tagesausstellung präsentiert. Von 2005-2006 reist er nach Ithaka in Griechenland, wo Aquarelle für die Illustration der Odyssee von Homer für den Verlag Éditions Albin Michel entstehen und im Espace Modem ausgestellt werden. Der koreanische Regisseur Bong Joon-Ho erwirbt die Rechte zur Verfilmung des „Trans­perceneige“ (deutscher Titel „Snowpiercer“). Die amerikanisch-koreanische Koproduktion mit internationalem Casting feiert im Juli 2013 ihre Premiere.
2008 vollendet Rochette die von der Bergwelt inspirierten Illustrationen für den Comic „Himalaya Vaudou“ mit dem Szenaristen Fred Bernard in seinem neuen Atelier in Berlin. In Südkorea präsentiert er „Le Transperceneige“ auf dem „International Cartoon and Animation Festival“ in Seoul. Im Folgejahr widmet sich Rochette intensiv der Malerei und erstellt großformatige Bilder abstrakter Landschaften und weitere Bilder zu den Themen Figur und Selbstportrait.
Er nimmt 2010 an der Berliner Liste teil, einer Messe für zeitgenössische Kunst und Photographie, wo er ausgewählte Großformate präsentiert. Im Jahr 2011 realisiert er in Zusammenarbeit mit dem Museum von Grenoble und dem Museum Hébert in La Tronche die Einzelausstellung „Du Privilège de la Verticalité“ im Museum Géo-Charles in Echirolles. Außerdem nimmt er an der 3. Biennale von Thessaloniki teil, einer Ausstellung für Zeitgenössische Kunst in Griechenland.
2012 nimmt er an der Ausstellung „Une autre histoire: Bande dessinée, l’œvre peint“ in der Cité internationale de la bande dessinée et de l’image in Angoulème teil. Außerdem präsentiert er seine Werke in der Pariser Galerie Jean-Marc Thévenet bei der Ausstellung „Jenseits des Rheins“.
Heute lebt und arbeitet Jean-Marc Rochette in Berlin, Paris und Südfrankreich. Gegenwärtig arbeitet er am vierten Band von „Le Transperceneige“ (dt. „Schneekreuzer“).